Eine der bedeutendsten Veränderungen in organisationalen Strukturen der letzten Jahrzehnte ist der zunehmende Einsatz von Teamarbeit (Kozlowski & Bell, 2003). Zur Steigerung der Effektivität und zur Entwicklung der Mitarbeiter werden in Organisationen selbstverantwortliche Teams gebildet. Das Etablieren eines Teams führt nicht automatisch zu gut funktionierender Teamarbeit. Effektive Teams reflektieren stetig über die eigenen Ziele und Prozesse (vgl. West, 1996). Dafür bieten Teamdiagnosen eine gute Basis.
Erste am Markt vorhandene organisationsdiagnostische Verfahren (z.B. Neuberger, 1975; Udris & Alioth, 1980; Rosenstiel, Falkenberg, Hehn, Henschel & Warns, 1983), die als Dimension die „Zusammenarbeit mit Kollegen“ enthalten, waren oftmals nicht ausreichend. Es fehlte ein ganzheitlich auf Teams ausgerichtetes wissenschaftliches Messverfahren. Seit einiger Zeit existieren einzelne Verfahren, die diese Lücke zu schließen versuchen (Haak, 1994, Brodbeck, Anderson & West, 2000, Kauffeld, 2001). Die Verfahren sind jedoch häufig:
Darüber hinaus wurden mehrere Fragebögen publiziert (z.B. Francis & Young, 1996; Moran, Musselwhite & Zenger, 1997), die zwar teilweise in der betrieblichen Praxis eingesetzt werden, jedoch den wissenschaftlichen Gütekriterien eines Messverfahrens nicht genügen, kaum einen Bezug zur objektiven Teamleistung erkennen lassen und häufig bedenkliche Interpretationsspielräume aufweisen.
Im Rahmen der Kleingruppenforschung entwickelte Beobachtungsinstrumente (z.B. Bales & Cohen, 1982) sind aufgrund des sehr hohen Aufwandes (systematische Beobachtung durch geschulte Beobachter) für die betriebliche Praxis nicht relevant (Haase, 1999; Kauffeld, 1999).
Außerdem existieren mehrere Verfahren, die sich auf Persönlichkeitstypologien beschränken (z.B. Belbin, 1981; Myers & Mc Caulley, 1985; Fahden, 1993) und bei denen unterschiedliche Rollen der Teammitglieder im Mittelpunkt stehen. Andere Leistungsvoraussetzungen für erfolgreiche Teamarbeit werden nicht betrachtet. Außerdem ist fraglich, inwieweit praktische Freiheitsgrade bei der Zusammenstellung von Teams bzw. zur Veränderung der Teamzusammensetzung bestehen, um unterschiedlichen Persönlichkeitscharakteren gerecht zu werden.
Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen der letzten Jahre erweisen sich kontinuierliche Lernprozesse und das Lernen aus Fehlern als zunehmend bedeutsam für erfolgreiche Teamarbeit (vgl. West & Markewicz, 2004; Mohr & Otto, 2005; Bauer & Mulder, 2007, Sonntag & Stegmaier, 2008). Diagnostische Verfahren mit einem Schwerpunkt auf Lernprozessen in Teams fehlen nach Kenntnis der Autoren bisher völlig. Hier kann man von einer wirklichen „Instrumentenlücke“ sprechen.
Eine weitere Herausforderung besteht hinsichtlich unterschiedlicher Teamtypen. Im Bereich der Teamtypen besteht eine Forschungslücke hinsichtlich der Determinanten der Effektivität (Kozlowski & Bell, 2003). Diese zeigt sich ebenso darin, dass aktuell gängige Teamdiagnoseverfahren die Besonderheiten verschiedener Teamtypen nur unzureichend erfassen.
Probleme in der Anwendung von Teamdiagnoseverfahren entstehen auch, da Eigenheiten der befragten Organisationen wie z.B. bestimmte interne Bezeichnungen oft unberücksichtigt bleiben. Dies kann zu Verständnisproblemen bei den Befragten führen und die Qualität der Ergebnisse mindern. Hierfür sind praktikable Lösungen notwendig.
Mit TeamPuls® wurde ein Messverfahren entwickelt, das für die oben aufgeführten Anforderungen praktikable Lösungen bietet. Dabei steht die ganzheitliche Beurteilung leistungsrelevanter Faktoren eines Teams im Vordergrund steht. Darüber hinaus können besondere Aspekte bestimmter Teamtypen bewertet werden.
Die Ursprungsversion von Wiedemann, von Watzdorf und Richter (2000) als auch die nachfolgenden Erweiterungen und Anpassungen (z. B. Frömmer, Wegge & Wiedemann, 2010; Frömmer, 2011) wurden in Kooperation mit der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie (www.wop-psychology.de) der TU Dresden und dem ursprünglichen Erstautor (Wiedemann, J.) entwickelt.
Die Basis für die Verfahrenskonstruktion von TeamPuls® bildet eine Kombination mehrerer theoretischer Konzepte und die praktischen Erfahrungen langjähriger Teamberatung. Zu den theoretischen Grundlagen zählen das „System des Partizipativen Produktivitätsmanagements“ von Pritchard, Kleinbeck & Schmidt (1993), die „Goal-setting Theory“ von Locke & Lathem (1990), die Theorie zur Teamreflexivität von West (1996), das „Job Characteristic Model“ von Hackman & Oldham (1974), der „Ansatz der Themenzentrierten Interaktion“ nach Cohn (1995), der „Reifegrad“-Ansatz von Hersey & Blanchard (1979), allgemeine Teamtypologien (vgl. Sundstrom, McIntyre, Halfhill, und Richards, 2000), der „Normative Ansatz für Führungsentscheidungen“ nach Vroom & Yetton (1978) und die Kategorien der Selbstregulation von Gruppen, welche Susman (1976) anknüpfend an die „Autonomiekriterien“ von Gulowsen (1972) formulierte.